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Tiroler Bergretter als Lebensretter im Iran

18. September 2022

Die Bergrettung in Tirol zählt zu den Eliteeinheiten im Alpinen-Rettungsdienst weltweit. Unlängst unter Beweis stellen konnte dies eine Truppe aus Bergrettern der Ortsstellen St Johann und Kössen. Markus Prantl, Michael Fahringer und Ricky Hecht wurden Lebensretter im Iran:

„Als wir uns auf dem Weg zum Canyon befanden, bekam unser Fahrer einen Anruf, dass im tief eingeschnittenen Canyon sich eine verletzte Frau befand. Offenbar war die Verletzte seit einem Tag in der Schlucht und konnte nicht gerettet werden. Schnell beschlossen wir den Kollegen im Iran zu helfen und stiegen in den Canyon ein und versuchten flott voranzukommen. Die Schlucht war aquatisch, technisch und lang. Nach einigen Stunden waren wir am Einsatzort und konnten uns mittels Dolmetscher ein Bild der Lage machen.

Wir ließen uns von der Patientin den Unfallhergang erklären. Sie sei beim Abklettern mehrere Meter nach unten gestürzt und ihr Fuß schmerzte. Wir erfuhren, dass bereits vor einem Tag ein Notarzthubschrauber des „Roten Halbmondes“ alarmiert worden war. Auch Rauchzeichen kennzeichneten schon den Einsatzort.

Eine russische Mil-Mi 17 kreiste etwas später mit ohrenbetäubendem Lärm über uns und schwenkte wieder ab. Einer der Iraner hatte telefonischen Kontakt mit der Leitstelle des „Roten Halbmondes“. Wir konnten in Erfahrung bringen, dass der Hubschrauber aufgrund des Wetters nicht anfliegen würde. Wir waren allesamt ein wenig verwundert, da keine Wolke sichtbar war und nur eine leichte Brise wehte. Jedenfalls musste eine Notstrategie besprochen werden.

Wir erkundigten uns bei unserem Guide, was flussabwärts noch alles auf uns zukommen würde. Vier Wasserfälle wären unterhalb unseres Standpunktes noch zu überwinden. Aufgrund der Länge des Canyons und der hohen Wassergefahr wäre allerdings eine Bergung nach unten äußerst langwierig. Wir teilten der Patientin die aktuelle Situation mit und beruhigten Ihren Freund, welcher sichtlich mitgenommen war. Danach machten wir uns als Vorhut auf den Weg flussabwärts, um mit dem Aufbau der Seilversicherungen zu beginnen.

Als wir wieder bei der Patientin ankamen, waren zwei einheimische Bergbauern in Gummistiefeln und Plastikschuhen vor Ort. Da wir leider kein Farsi verstanden und unsere Dolmetscherin erstmal ein wenig Ruhe in die Situation bringen musste, konnten wir erst nach einer gefühlten Ewigkeit erfahren, wie sie denn mit diesem Schuhwerk hierherkamen. Kurz oberhalb der Holzleiter befindet sich ein Notausstieg. Wir besprachen die neue Situation und entschlossen uns dazu, die Bergung über den Notausstieg durchzuführen.

Nach mehreren Stunden endlich im Bachbett angekommen, konnten wir uns mit dem kühlen Nass erfrischen und etwas trinken. Man bedenke, es hatte an diesem Tag über 35 Grad! Nach weiteren mühevollen Passagen erreichten wir den Übergabeplatz an den Rettungswagen. Wir haben gemeinsam, mit vereinten Kräften und trotz Sprachbarriere eine großartige Leistung vollbracht. Die Teilnehmer der Rettungsaktion standen noch zusammen und machten Bilder mit uns. Wir wünschen der jungen Dame eine rasche Genesung und alles Gute.

Uns wurde eindrücklich aufgezeigt, welch einzigartige Rettungskette wir in Tirol bzw. Österreich haben. Ohne unser Mitwirken hätte die Patienten unter Umständen noch eine Nacht im Canyon verbracht oder die Bergung wäre vielleicht missglückt. Berg Heil“ – Markus Prantl, Michael Fahringer, Ricky Hecht.

Besonders stolz sind wir darauf, dass Markus seine Expertise in die tagtägliche Arbeit in der Leitstelle Tirol als Disponent einbringt. Danke an alle RetterInnen im Land Tirol für euer Engagement und die immer gute Zusammenarbeit.